Zeitzeugen-AG gestaltet Volkstrauertag mit Filmbeiträgen

Der Volkstrauertag teilt mit vielen anderen Gedenktagen das Schicksal, als zunehmend angestaubt zu gelten. Dabei erinnert er an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft in Vergangenheit und Gegenwart – und schließt damit auch ein Gedenken an alle Menschen ein, die in den Kriegen und Bürgerkriegen dieser Tage in der ganzen Welt ums Leben kommen.

Laut dem „Global Peace Index“ starben im vergangenen Jahr 238.000 Menschen weltweit bei Konflikten – so viele wie seit 30 Jahren nicht mehr. In Frieden – ohne Angst vor Gewalt und Verfolgung – leben zu können, ist keine Selbstverständlichkeit. Daran kann der Volkstrauertag immer wieder erinnern und dazu aufrufen, Wege zur friedlichen Lösung von Konflikten zu suchen, Zusammenhalt und Aussöhnung statt Hass zu wählen.

Wie in den vergangenen Jahrzehnten fand der Volkstrauertag in Kehl auf der Kriegsgräberstätte nahe der Fachhochschule statt, einem Ort, der ebenso etwas in Vergessenheit zu geraten droht wie der Gedenktag. Mindestens 2144 Menschen liegen hier begraben, überwiegend im Weltkrieg gefallene Soldaten, aber auch verstorbene Kriegsgefangene, im Krieg getötete Zivilisten und Zwangsarbeiter.

In einem fortlaufenden Projekt beschäftigt sich die Zeitzeugen-AG seit 2021 mit der Umgestaltung des Friedhofs und wirkt auch seitdem beim Volkstrauertag mit. In diesem Jahr trug die AG zwei Filmbeiträge, die auf einer großen Videoleinwand gezeigt wurden, zu der Gedenkveranstaltung am Sonntagvormittag bei. Beide Filmarbeiten entstanden in Zusammenarbeit mit Lardjah Naba und Annette Lipowsky von der Pressestelle der Stadt Kehl.

Der erste Beitrag verbindet Kriegszerstörungen in Kehl, Aufnahmen der gleichen Plätze aus der Gegenwart und Aussagen von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen zu einer Collage. Sie dokumentiert und erinnert an jenen Tag, als Kehl am 25. September 1944 von Bomben getroffen wurde. Noch immer leben Menschen, denen sich die Bilder von Tod und Zerstörung in ihrer Kindheit in Kehler Straßen eingebrannt haben. So die Zeitzeugin Brigitta Gerloff, die mit der AG wieder jenen Ort in der Nähe des heutigen Kulturhauses aufgesucht hat, der ihr in schlimmer Erinnerung geblieben ist: „Das sind Bilder, die vergehen gar nie …“.

Bilder, die auch zahllose Kinder und Jugendliche heute in Konflikten wie im Nahen Osten, in der Ukraine und an vielen anderen Orten vor Augen haben, woran Oberbürgermeister Wolfram Britz in seiner Ansprache erinnerte. Auch bei dem Bombenangriff 1944 starben Kinder und Jugendliche, wie Brigitte, Elfriede und Erika Samson – ihre Namen stehen mit ihrer damals ebenfalls getöteten Mutter auf einem Grabstein auf der Kriegsgräberstätte.

Ein zweiter Filmbeitrag dokumentierte, wie die AG-Schüler*innen bisher mit der Stadt und Experten die Umgestaltung der Kriegsgräberstätte vorangetrieben haben. Der Eingang des Friedhofs hat sich verändert, Blumenhügel sind anstelle der dunklen Hecken angelegt worden. Und die von den Jugendlichen gestalteten Friedensbotschaften als Graffiti-Wände sind nun dauerhafter Bestandteil des Friedhofs geworden. Thomas Bringolf aus der 9. Klasse stellte in einem anschließenden Redebeitrag vor, wie die Zeitzeugen-AG die Kriegsgräberstätte gerne weiterentwickeln würde. Das betrifft natürlich ihr Aussehen, z.B. die großen Wiesenflächen und den Zugangsweg, aber auch allgemein die Darstellung von Geschichte an diesem Ort: An Informationstafeln mit QR-Codes und Hörstationen sollen Besucher*innen mehr über die Geschichte der Kriegsgräberstätte, ihre auffällige Architektur und ihren Schöpfer erfahren können – aber auch über die Menschen, die hier begraben liegen. Der Krieg ist nie so weit entfernt, wie es scheint.

(Hbr)