„Miss Sunshine“ bricht aus

Mit ihrem selbstgeschriebenen Stück „Sommer, Sonne, (Sonnen)Schein“ blickte die Unterstufentheater-AG des Einstein-Gymnasiums auf die Scheinwelt eines „Influencer“-Stars

Die Sensation ist groß und die Aufregung der Teenie-Fans schießt in den Urlaubshimmel: Ihr Idol, die berühmte „Miss Sunshine“, Influencer-Model mit Followern so zahlreich wie Sandkörner am Strand steigt im gleichen Hotel ab wie ihre Fans. Gerade hat ein junges Trio noch sein Idol im Social-Media-Profil bewundert („Wenn ich nur halb so gut aussehen könnte wie sie…“), da rückt der Insta-Star scheinbar in greifbare Nähe. Aber zunächst löst die Nachricht am Ort der Handlung eine Welle an Vorbereitungen und Reaktionen aus. Paparazzi spekulieren auf das perfekte Bild oder noch besser – den perfekten Absturz: „Miss Sunshine bricht zusammen: Die dunkle Seite des Ruhms“. Im Hotel „Paradies“ arbeitet das Hotelpersonal auf Hochtouren für den perfekten Empfang und die makellose Oberfläche getreu dem Motto „Es reicht, wenn es nach mehr aussieht!“ Alles muss sich wohl oder übel der Lichtgestalt unterordnen, deren Bilder millionenfach gelikt werden. Und da rauscht „Miss Sunshine“ auch an der Rezeption vorbei, abgeschirmt von ihrer Entourage. Denn hinter den Kulissen wird das Model selbst wie ihre eigenen Bilder bearbeitet und auf Hochglanz poliert: Manager, Stylistin, Fitness- und Ernährungsberaterin trimmen ihr Objekt und takten ihren Alltag durch. Und wenn sie nicht bedrängt wird, muss „Miss Sunshine“ natürlich trotzdem neuen Content für ihre Social-Media-Kanäle liefern: „Ruhe hat keine Follower“.

Fantastisch durch ein eingeblendetes Profil in Szene gesetzt, zeigte das Stück das Zusammenspiel von „Miss Sunshine“ und ihrer Online-Fangemeinde. So poppten immer wieder die Nachrichten der Follower auf. Ganz in Schwarz und hinter Masken verborgen kommentierten diese parallel auf der Bühne die neusten Fotos und Meldungen. Von bedingungsloser Liebe und Gefolgschaft („Teach us your secrets!“) über Neid, Zweifel und Spott reichten ihre Reaktionen. Für viele von ihnen schien die Handlung tatsächlich in einer Katastrophe zu enden, denn „Miss Sunshine“ hörte auf zu posten und wilde Gerüchte rauschten durch alle Kanäle („Ich habe gerade gelesen, dass sie im Meer verschwunden sein soll. Ich kann nicht aufhören zu weinen …“). Doch „Miss Sunshine“ ging es gut, wahrscheinlich besser als je zuvor. An der Seite eines Barkeepers hatte sie ihr Umfeld und ihre Follower hinter sich gelassen für einen Neubeginn – ohne Inszenierung: „Freiheit“, hielt sie erleichtert fest, „beginnt dort, wo die Masken fallen“.

An zwei Abenden im vollbesetzten Musikatrium zeigte die Unterstufentheater-AG des „Einsteins“ ein packendes Stück, das die Wahrheiten hinter den Filtern der Social-Media-Profile suchte. Ein Schuljahr lang hatte AG-Leiterin (und Autorin des Textes) Christine May, unterstützt von Oberstufenschülerinnen, geprobt und an der Inszenierung gefeilt. Dabei überzeugten die drei Dutzend Schülerinnen und Schüler (alle aus der 5. und 6. Klassenstufe) mit ihrer Spielfreude und einnehmenden Darstellung, die sowohl die nachdenklichen Szenen trug als auch die lustigen Turbulenzen der Handlung. Neben den jungen Schauspieler:innen und der Regie sorgte das Zusammenspiel mit der von Simone Woitas geleiteten Kostüm-AG sowie der professionellen Technik- und Film-AG für ein Gesamterlebnis, das begeistert vom Publikum aufgenommen wurde.

(Hbr)